Einladung zur Tagung
Sprachliche Wurzeln der Identität
oder:
„Von dem Glück, Janosch gekannt zu haben”
in Zabrze, 11.03-12.03.2016
Die geplante Tagung ist die erste internationale wissenschaftliche Begegnung zum Werk des Autors und Künstler Janosch.
Janosch wurde berühmt und generationenprägend als Erfinder der Tigerente oder als Verfasser und Illustrator von über 300 Kinderbüchern. Das ist aber nur ein Teil seines Lebens. Prägend für sein Leben und bestimmend für sein großes, schriftstellerisches Werk ist seine Kindheit und Jugend im Oberschlesischen Grenzraum zwischen Polen und Deutschland. Diese dramatischen Rückbezüge sind Erkenntnisanker und Mittelpunkt der hier vorgestellten Tagung.
Janosch wurde am 11. März 1931 als Horst Eckert in der Arbeitersiedlung Poremba bei Hindenburg (heute Zabrze), in einem Grubenhaus, unweit des Flusses Czarnawka geboren. Der Fluss bildete in dem Gebiet, in dem im März 1921 die Volksabstimmung durchgeführt worden war, seit Oktober 1921 die neue Grenze zwischen Polen und Deutschland.Die Landschaft, die Lebensbedingungen sind Gegenstand der frühen Romane von Janosch.
Die Darstellung des Lebens in einer von Großindustrie geprägten Stadt, in der bereits in den 30er Jahren Nationalsozialisten gegen ansässige Juden, Polen sowie gegen Kommunisten und Priester vorgingen, bilden den Hintergrund der Kindheit und Jugend des Autors. Es ist das Szenario einer schwierigen Kindheit in Armut, mit Begegnungen der verschiedenen Kulturen, die den aufgeschlossenen jungen Horst Eckert faszinierten. Diese Lebensbedingungen sind zugleich der Ausdruck einer tiefen inneren Zerrissenheit, die sein späteres Leben formte.
Das oberschlesische Hindenburg, die Fetzen der Erinnerungen aus seiner vom Katholizismus und Gewalterfahrungen geplagten Kindheit, nach der Vertreibung aus Schlesien deutsche Städte, zwischendurch Paris und seit 1980 die spanische Insel Teneriffa — das sind einige der Orte, die Janosch geprägt haben und an denen er seine Spuren hinterlassen hat.
Heute ist Janosch ein Weltbürger ohne festgelegtes Nationalitätsgefühl.
Um das Werk dieses „Grenzlandschriftstellers“ den Interessierten näher zu bringen, werden die Themen der Konferenz um Literatur, auch Kinderliteratur, Sprachwissenschaft, Architektur, Geschichte, Topographie der Stadt, Soziologie, Medienwissenschaft, Theaterwissenschaft sowie Kulturtheorie kreisen: Es geht um diese Themenkreise, die auch die Themen der Vorträge und Diskussionen umreissen:
das Leben von Janosch in Oberschlesien bis 1946
historische Orte seiner Kindheit
die Topographie von Hindenburg als Grenzstadt
Janosch als Zeuge der Geschichte, des Schicksals von Oberschlesiern und Juden
die Kultur der Sprachen, der Existenz, der Mentalität und der Identität der Romanprotagonisten von Janosch.
die Bilder der Menschen in der oberschlesischen Grenzregion , die Elemente des Raumes, der Begriff des Ortes und des Gegenstands
die multikulturelle Tradition der Region Oberschlesien
kritische Auseinandersetzung mit dem Schriftsteller und seinem Werk
Janosch ist ein Mensch voller Widersprüche, er drückt in seinen Arbeiten Zorn und Zärtlichkeit aus. Das gefällt nicht jedem, aber es bewegt. Die Widersprüchlichkeit der Rezeption von Janoschs Werken mag sich in den Textbeiträgen wiederfinden.
Es geht aus heutiger Sicht um einen neuen Blick auf das damalige Miteinanderleben oder Gegeneinanderleben von Menschen in den Zwischenzeiten vor, während und nach dem 2. Weltkrieg in den grenznahen Regionen.
Im Zentrum der Erinnerungen stehen die Alltagserfahrungen der Menschen, Ihr unmittelbares Verhältnis oder Nichtverhältnis untereinander. Es geht um alltagssprachliche Kommunikation früher und um neues Zuhören und Verstehen heute.
Es sollen in der Erinnerungsarbeit keinesfalls alte Wunden aufgerissen werden, sondern es soll die über Generationen tradierte Erinnerung und die Bewältigung dieser Erinnerungen im heutigen Fühlen und Denken erfasst und reflektiert werden.
Zu ergründen ist auch, ob sich aus diesen bis heute weiter getragenen Narrativen ein positiver, Impuls für die transnanationale „Europäische Identität“ ergibt.
Für diese Narrativ ist die Befassung mit den Romanen von Janosch ein Aufhänger, indem dieser Künstler und Autor das Thema der Identitätssuche der damaligen oder auch späteren Grenzlandbewohner in seiner Person die Schwierigkeiten und die Widersprüchlichkeit in seinen Kindheitserfahrungen erlebt und in seinen frühen Romanen literarisch in eindrucksvoller Weise ausgedrückt hat.
Die zweitägige Tagung wird von einer Janosch-Kunstausstellung im städtischen Museum Zabrze und von einer gemeinsamen Abendveranstaltung im Bergbaumuseum Zabrze begleitet.
Die Teilnahme an der Tagung einschließlich des Begleitprogramms kostet 60,- €.
Es gibt ein Kontingent preisreduzierter Hotelübernachtungen.
Ihre Anmeldung richten Sie bitte formlos an
Info@janosch-gesellschaft.de oder an
janosch.konferencja1103@gmail.com
Mt freundlichen Grüßen
Dr. Angela Bajorek
Dr. Ulrich Kypke